Im Rahmen des Projekts „Mitschnitt Delmenhorst – Tonspuren einer Stadt“ wurden die Teilnehmerinnen des Internationalen Frauen-Kultur-Cafés gemeinsam mit ihren Kindern in das Delmenhorster Stadtmuseum eingeladen. Dort gab es nicht nur einiges zur Stadtgeschichte zu entdecken, es wurden auch fleißig Instrumente gebaut.
Um Kontakte zu bereits länger in Delmenhorst lebenden Frauen zu knüpfen und beim Erwerb der deutschen Sprache unterstützt zu werden, besuchen einige Frauen mit Fluchterfahrung regelmäßig das CaféKö des Kreisverbandes Delmenhorst e.V. des Deutschen Roten Kreuzes, das von Ilda Grüttner organisiert wird.
Zum Programm gehören auch gemeinsame Ausflüge, wie am Sonntag, den 10. Februar 2019, in das Stadtmuseum. Die Leiterinnen des Projekts „Mitschnitt Delmenhorst“, Maike Tönjes und Anne Angenendt luden die Teilnehmerinnen ins Stadtmuseum ein und planten ein Mutter-Kind-Programm zum ersten Kennenlernen.
Während der Führung zur Stadt- und Industriegeschichte durch Maike Tönjes, die von Zinap Seto ins Arabische übersetzt wurde, fiel einer der Teilnehmerinnen schnell auf, dass sich das kleine Stadtmuseum deutlich von den ihr bekannten Museen unterscheidet: „Das große Nationalmuseum in Damaskus habe ich früher häufig besucht, dort gibt es Jahrtausende alte Kunstwerke.“
Die Dauerausstellung des Stadtmuseums hingegen beherbergt keine künstlerischen Schätze, sondern erzählt anhand von Exponaten die Geschichte einer ehemaligen Industriemetropole, die schon immer von Zuwanderung geprägt war.
Eine Stadt mit Migrationsgeschichte
Bereits im 19. Jahrhundert gründeten sich aufgrund der Nähe zu Bremen viele Fabriken in Delmenhorst und warben zahlreiche Arbeitskräfte aus Osteuropa an. Dies hatte zur Folge, dass die Einwohnerzahl der ehemals kleinen Provinzstadt Delmenhorst zwischen 1850 und 1910, von 2.372 auf 22.516 Personen, anstieg. Ab Mitte der 1950er Jahre wurden dann aufgrund des Deutschen Wirtschaftswunders und eines damit einhergehenden Arbeitskräftemangels zunächst Frauen aus Spanien und Griechenland und anschließend Arbeiter aus der Türkei angeworben.
In einem Video in der Dauerausstellung berichtet die Zeitzeugin Juana Gonzales von ihrem ersten Eindruck, als sie 1961 von Madrid nach Delmenhorst kam, um in der Norddeutschen Wollkämmerei & Kammgarnspinnerei zu arbeiten. Als dunkel und kalt beschreibt sie die Stadt, das nasse Wetter hier habe sogar zu Depressionen geführt. Ihre Schilderungen trafen bei allen Teilnehmerinnen auf Verständnis: „In Delmenhorst gibt es kein richtiges Wetter! An einem Tag scheint die Sonne und am nächsten Tag ist es kalt und regnet“, stellte eine der Frauen lachend fest.
Wie sich die alte Heimat und die neue (Delmenhorst) im Klang unterscheiden oder ähneln, spielt eine wichtige Rolle bei „Mitschnitt Delmenhorst – Tonspuren einer Stadt“. In dem Projekt dreht sich alles um den Sound der Stadt Delmenhorst, der von Oktober 2018 bis Juni 2020 gesammelt, bearbeitet und letztendlich im Stadtmuseum ausgestellt werden sollen. Dabei ist es auch wichtig, die Eindrücke neuer Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner einzufangen und das Museum als Kommunikationsplattform zu öffen.
Instrumentenbau in der Museumspädagogik
Während bei der Führung ein Exponat nach dem anderen begutachtet wurde, wurde es in der Museumspädagogik laut. Unter der Anleitung von Anne Angenendt und Ilda Grüttner konnten die teilnehmenden Kinder Instrumente basteln, deren Klänge sich wie verschiedene Geräusche aus der Natur anhören. Begeistert von den selbstgemachten „Krachmachern“, gab es danach noch ein Konzert und die „Regenmacher“, Kronkorken-Rasseln und Panflöten aus alten Kugelschreibern wurden gemeinsam ausprobiert. Zum Abschluss wurde mit den Teilnehmenden zwischen Kaffee, selbstgebackenem Schokoladenkuchen und arabischen Desserts in den Räumen der Museumspädagogik im Stadtmuseum geklönt.
Zwischen den Kooperationspartnern Kreisverband Delmenhorst e.V. des Deutschen Roten Kreuzes und dem Projekt „Mitschnitt Delmenhorst – Tonspuren einer Stadt“ war dies der erste von vielen weiteren gemeinsamen Workshops während der Projektlaufzeit bis Juni 2020.
Text: Maike Tönjes